Ernährung – Immunsystem - Parodontose

Optimale Funktion des Abwehrsystems ist wichtig

In den letzten 100 Jahren wurden die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Abwehrleistung des menschlichen Körpers immer besser erforscht. Es zeigte sich, dass ein schlechter Ernährungsstatus mit einer geschwächten Immunabwehr und damit erhöhter Anfälligkeit für Krankheitserreger korreliert. Unsere Mundhöhle ist dabei besonders betroffen.

Durch Atmung und Nahrungsaufnahme wird die Mundhöhle ständig mit körperfremden Substanzen konfrontiert. Das Immunsystem ist hier sozusagen ständig gefordert, um die körperfremden Substanzen abzuwehren. Ein geschwächtes Abwehrsystem kann dem Andrang von Bakterien nicht standhalten, diese siedeln sich an und die Entzündungsvorgänge der Parodontitis werden in Gang gesetzt. Meist verläuft diese lange Zeit unbemerkt, denn es entstehen keine Schmerzen. Die ersten Symptome sind anhaltendes Zahnfleischbluten. Ein Rückgang des Zahnfleisches merkt man erst nach langer Zeit des Entzündungsverlaufes.

Welchen Einfluss hat die Ernährung auf die Funktion des Immunsystems?

Laut Untersuchungen sind eine Protein-Energie-Mangel-Ernährung sowie das Fehlen von Vitaminen für unsere Abwehrkraft besonders schlecht. Dies hat sich durch Ernährungs-Protokolle im Rahmen verschiedener Studien bestätigt. Das Immunsystem reagiert empfindlich auf das Fehlen von Eiweiß. Proteine, die mit der Nahrung zugeführt werden, werden in ihre Bestandteile – die Aminosäuren – zerlegt und diese dann den Zellen für die weitere Verwendung zugeführt. Da das Immunsystem eine besonders hohe Umsatzrate für Eiweiß besitzt (immunmodulierende Proteine), reagiert es empfindlich auf einen Mangel an bestimmtem Nahrungseiweiß.

Eine Veränderung des lymphatischen Gewebes, herabgesetzte zelluläre Abwehrleistung, verminderte zytotoxische Aktivität der Killer- und Fresszellen sowie eine vermehrte Produktion von entzündungsfördernden Substanzen, sogenannte Zytokine, kann die Folge sein. Diese entzündungsfördernden Zytokine werden vor allem in den Fettzellen produziert.

Das Fettgewebe ist lange nicht so inaktiv, wie man früher vermutete. Mit zunehmender Fetteinlagerung werden in den Fettzellen z.B. Interleukine (IL-6) gebildet, die entzündungsfördernd wirken. Übergewicht und damit Zunahme des Körperfettanteiles hat ebenso negative Auswirkungen auf das Immunsystem wie eine Protein-Mangel-Ernährung.

Untersuchungen an adipösen Erwachsenen und Kindern haben ergeben, dass bei etwa 38 Prozent die zellvermittelte Immun­antwort vermindert ist. Dies zeigte sich in verminderter bakterizider Eigenschaft von Abwehrzellen und einem abnormalen Lymphozytenwachstum. Bei fettleibigen Menschen über 60 Jahre zeigte sich außerdem noch eine verminderte Aktivität der natürlichen Killerzellen.

Da es für den Zahnhalteapparat entscheidend ist, wie effektiv unsere Abwehrkräfte arbeiten, gilt Übergewicht und Proteinmangel-Ernährung als Risikofaktor für die Entstehung und das Fortschreiten einer Entzündung des Zahnfleisches.

Die Parodontose ist ein entzündliches Geschehen und der korrekte Name lautet daher Parodontitis (Parodontose ist eigentlich eine falsche Bezeichnung, hat sich als umgangssprachliche Form etabliert). Es handelt sich dabei um eine durch Bakterien hervorgerufene entzündliche Schädigung des Zahnfleischs und des Zahnhalteapparates (Wurzelhaut und Kieferknochen). Dieser baut sich durch die chronische Entzündung immer mehr ab, die Zähne werden locker und fallen in der Folge aus. Ursache der Entzündung sind verschiedene Bakterien, die im Zahnbelag und im Zahnstein leben. Die Parodontitis verläuft meist schmerzlos und daher werden die Anfangsstadien häufig übersehen. Gerötetes und entzündetes Zahnfleisch, Zahnfleischbluten und Lockerung des Zahnfleisches sind die ersten Symptome, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollen. Der Zahnarzt-Besuch ist unbedingt notwendig um Folgeschäden zu vermeiden.

Untersuchungen haben gezeigt, dass übergewichtige Personen mit Parodontitis im Vergleich zu normalgewichtigen Personen wesentlich höhere IL-6-Spiegel aufweisen. Das Fettgewebe produziert auch Substanzen, die den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen – dies verstärkt den negativen Einfluss von Übergewicht auf das Parodontose-Geschehen natürlich noch.

Ein schwaches Immunsystem ist ein besonderer Risikofaktor für Parodontitis. Nicht die bakterielle Plaque alleine, so wie früher gedacht, ist für die Schwere verantwortlich sondern es handelt sich um ein multifaktorielles Geschehen. Die Abwehrkräfte spielen eine zentrale Rolle.

Unsere Mundhöhle ist ständig mit körperfremden Substanzen konfrontiert und daher auf ein gut funktionierendes lokales Immunsystem angewiesen. Daher zeigt sich eine Immunschwäche auch oft zuallererst in Form von Schleimhautveränderungen im Bereich der Mundhöhle. Die unspezifische Abwehr mit Hilfe von Fresszellen spielt eine entscheidende Rolle. Eine gestörte Phagozytose-Funktion kann durch Gendefekte aber auch durch äußere Faktoren wie das Alter, Rauchen oder Nährstoffmangel bedingt sein.

Daher ist eine gesunde Ernährung, wie wir alle wissen, nicht nur für die Prophylaxe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wichtig sondern auch für die Vorbeugung von Parodontitis.

In einer Untersuchung in Jena wurde festgestellt, dass Patienten mit Parodontitis eine geringere Aufnahme an Vitamin C, Folsäure, Magnesium und Ballaststoffen haben als die mit ihnen verglichenen gesunden Probanden. Vitamin C wird nicht nur in zu niedriger Menge aufgenommen sondern auch viel mehr verbraucht. Der Bedarf an Vitamin C ist bei Parodontitis-Patienten höher, denn aufgrund der chronischen Entzündungsreaktion wird ständig Vitamin C verbraucht. Vitamin C ist ein starkes Antioxidans (chronische Entzündung bedeutet eine ständige Produktion von Freien Radikalen), es ist von Bedeutung für die Phagozytosefähigkeit der neutrophilen Granulozyten und stimuliert die Kollagensynthese (wichtig für das Zahnfleisch und den Kieferknochen). Eine Vitamin C-reiche Kost mit viel frischem Obst und Gemüse ist daher eine wertvolle unterstützende Maßnahme.

Die Folsäure ist ein wasserlösliches Vitamin, das der Vitamin-B-Gruppe angehört (Vitamin B9). Man findet es vor allem in frischem grünen Gemüse, Eiern, Hülsenfrüchten, Nüssen und Rinderleber. Die Folsäure-Versorgung wird generell als eher kritisch betrachtet und diese Feststellung gilt für Parodontitis-Patienten noch mehr. Folsäure spielt eine wichtige Rolle bei der DNA-Synthese und damit der Zellteilung und dem Zellwachstum. Da die Mundschleimhaut zu jenen Geweben gehört, die sich rasch teilen, benötigt sie besonders viel Folsäure. Ein selbst hergestellter grüner Smoothie mit Blattgemüsen und Wildkräutern ist eine wohlschmeckende Möglichkeit, die Folsäure-Versorgung aufzupäppeln.

Magnesium hat ein breit gefächertes Wirkungsspektrum. Durch die Ergebnisse von Ernährungsprotokollen ist man auf den Einfluss von Magnesium-Mangel auf das Entzündungsgeschehen des Zahnhalteapparates aufmerksam geworden. Magnesium spielt eine Rolle in der Antikörperproduktion und wirkt regulierend auf die Bildung von entzündungsfördernden Substanzen. Zudem gilt Magnesium als Co-Faktor von antioxidativen Enzymen wie z.B. Glutathion. Der oben erwähnte grüne Smoothie liefert nicht nur Folsäure sondern auch Magnesium. Die wichtigsten Lieferanten für diesen Mineralstoff sind nämlich neben Nüssen und Vollkornprodukten vor allem grüne Gemüse.

Auch Calcium und Vitamin D scheinen eine wichtige Rolle zu spielen und daher sollte bei der Ernährung auch hier auf ausreichend Versorgung geachtet werden, um den Kieferknochen gesund zu erhalten.

Aufgrund der aktuellen Studien werden von Experten folgende Ernährungsempfehlun­gen für Personen mit Parodontitis gegeben:

  • Mind. 1,5 bis 2 l Flüssigkeit trinken
    (Wasser, ungesüßte Tees)
  • 2 Portionen Obst und 3 Portionen Gemüse pro Tag
  • Vollkornprodukte
  • mäßiger Fleisch- und Wurstkonsum
  • Reduzierung der Zuckeraufnahme
  • 2 mal pro Woche Fisch

Die Parodontitis ist keine seltene Erkrankung und die schwere Form ist unter den weltweit häufigsten chronischen Erkrankungen an 6. Stelle. Das andauernde Entzündungsgeschehen beeinflusst den gesamten Organismus und hat Auswirkungen auf Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch der Verlauf einer Schwangerschaft wird ungünstig beeinflusst. Vor allem bei Diabetes gibt es viele Zusammenhänge, die schriftlich gut belegt sind. Ein schlecht eingestellter Diabetes erhöht das Parodontitis-Risiko und im Gegenzug erschwert eine Parodontitis die Blutzuckerkontrolle.

Früherkennung und rechtzeitige Behandlung von Parodontitis sind daher sehr wichtig, nicht zuletzt auch, um einen vorzeitigen Zahnverlust zu verhindern.

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